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Technisch und grafisch haben Spiele für Konsolen und PC in den vergangenen Jahren gewaltige Fortschritte gemacht. Es ist alles da, um zum Buch oder zum Film aufzuschließen und genau das zu tun, was die Menschen seit jeher lieben: ihnen packende, sie berührende Geschichten zu erzählen. Eben solche, bei denen das Publikum mitfiebert und bei mancher Wendung vor Spannung „Oh, mein Gott!“ ruft. Nur sehr wenige Computerspiele erreichen diese Güteklasse. Eines von ihnen ist nun erschienen: "Mass Effect 3". Ein Computergame, das wie sich wie ein guter Kinofilm anfühlt, in dem der Spieler mitspielen und die Handlung maßgeblich beeinflussen kann.
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"Mass Effect" erzählt die Geschichte vom nahenden Ende der Galaxie und jenem Menschen, der das verhindern will: Commander Shepard, dem Alter Ego des Spielers. Als die Menschen 2149 entdeckten, dass der Pluto-Mond Charon kein Eisbrocken im All ist, sondern ein Massen-Effekt-Beschleuniger, mussten sie erst einmal die Erkenntnis verdauen, nicht allein in der Galaxie zu sein. Mit dem namensgebenden "Mass Effect"-Gerät ist Reisenübr hunderte von Lichtjahren in Nullzeit möglich. Bei ihrem Vorstoß ins All wird den Menschen schnell klar, wie besiedelt diese Galaxie ist. Zig verschiedene Rassen treiben seit tausenden von Jahren Handel miteinander, leben zusammen und streiten gelegentlich in Kriegen. Allen ist eines gemeinsam: sie haben einst die "Massen-Effekt"-Portale lediglich entdeckt, sie jedoch nicht gebaut. Wie Autobahnen verbinden die Portale die Sternensysteme miteinander. Legende zufolge seien die Massen-Effekt-Tore vor Urzeiten von Wesen geschaffen worden, die einige als gottgleich beschreiben. Die Motive dieser als "Reaper" bezeichneten Wesen sind unklar. Doch offenbar beobachten sie seit Millionen von Jahren den Aufstieg von Zivilisationen, um sie auf deren Entwicklungshöhepunkt vollständig zu vernichten. Danach ziehen sie sich wieder zurück und ein neuer Kreislauf beginnt. Der aktuelle Zyklus endet jetzt. Die Reaper kommen. Genauer gesagt: Sie hängen bereits wie gigantische Greifarme über der Erde.
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Ohen seine Begleiter geht Shepard (mitte) in kaum eine Mission© Bioware/Electronic Arts
Es liegt nun an Shepard, diese scheinbar übermächtigen Wesen aufzuhalten. Er muss die zum Teil verfeindeten Völker der Galaxie vereinen. Nur alle gemeinsam haben eine Chance das Ende aufzuhalten.
Shepard hat keinen offiziellen Vornamen, er bekommt ihn vom Spieler. Und er kann auch so aussehen wie er oder sie, denn Shepard kann ein Mann oder ein Frau sein. Wer sich am Anfang des Spiels etwas Mühe in der Gestaltung seines Alter Egos gibt, wird sich selbst als Hauptdarsteller in diesem Sciencefiction sehen. Welchen Verlauf die Geschichte nimmt, liegt am Spieler und den vielen Entscheidungen, die er bis zum Finale treffen muss.
Die Geschichte um Shepard, die Portale, die Reaper und das Hocharbeiten der Menschheit im neuen intergalaktischen Mächtekonzert erzählt "Mass Effect" in drei Teilen. Der erste Teil erschien Mitte 2007, der zweite 2010 und der dritte jetzt. Der geniale Kniff des kanadischen Spielstudios Bioware ist dabei: Der Spieler kann seinen Charakter und fast alle seiner Entscheidungen in den jeweils neusten Teil der Trilogie mitnehmen. Damit verzahnen sich die drei Geschichten und vermitteln dem Spieler, was den meisten Games nur selten gelingt: die ungebrochene Illusion einer lebendigen Welt, die auf das Verhalten des Spielers glaubwürdig reagiert.
Den Spieler bei seinen Emotionen packen
Wenn einem etwa eine treue Begleiterin aus dem ersten Teil, mit der man möglicherweise sogar eine Romanze hatte, plötzlich im dritten Teil wieder gegenübersteht und einen gleichsam wissend und vertraut anspricht, dann schlägt das Spiel nicht nur eine Brücke zwischen den beiden Episoden, Vielmehr berührt die Geschichte den Spieler in diesem Augenblick. Er begegnet keinem belanglosen, vom computergenerierten Wesen, sondern einer Person, mit der er gemeinsame Erlebnisse teilt. Entsprechend groß ist die Wut, wenn dieser "geliebte" Charakter kurz darauf von einem Reaper brutal erschlagen wird.
An diesem Beispiel zeigt sich, wie Bioware die Klaviatur des Erzählens in Spielen beherrscht. Mit nur einer Begegnung verbinden sie zwei Jahre auseinander liegende Handlungsstränge miteinander, rufen Betroffenheit im Spieler hervor und lassen seinen Kampf gegen eine eigentlich abstrakte und seelenlose Bedrohung zu etwas Persönlichem werden. Ds Spiel ist voll von solchen Begegnungen. Mit einer flachen Rahmenhandlung würden selbst solche gekonnten Konstruktionen wirkungslos beim Spieler verpuffen. Daran scheitern viele Videospiele. Nicht Bioware. Gerade bei der Entwicklung der zahlreichen Figuren zeigen die Autoren ihre Stärken. Die Charaktere der Weggefährten und Feinde und selbst so mancher Randfigur sind liebevoll ausgestaltet. Sie wirken mit ihren Freuden, Problemen und ihrem bisherigen Werdegang authentisch. Der Spieler kann ihnen daher folgen und wie bei einem spannenden Buch oder einem Film echtes Interesse an ihrem weiteren Schicksal entwickeln. Mit dem Unterschied, dass er im Spiel direkten Einfluss darauf hat.
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Genug geredet. In "Mass Effect 3" geht es auch ums Ballern© Electronic Arts/Bioware
Diese Tiefe unterscheidet "Mass Effect 3" und seine Vorgänger wohltuend von der großen Mehrzahl ähnlicher Videospiele, die den Anspruch haben, eine Geschichte zu erzählen. Die meisten dieser Games legen den Schwerpunkt auf die Güte der Grafik und nicht auf das Talent des Autorenteams. Bei "Mass Effect" war das schon immer anders: Die Grafik wirkt eher leblos in den Außengebiete und steril in Innenräumen. Viele Levels offenbaren bereits auf den ersten Blick ihre Schlauchform. Zudem nagte kräftig der Zahn der Zeit an der Grafikengine, jener Software, mit dem das Spiel „gebaut“ wird. Waren die ersten beiden Teile grafisch noch auf der Höhe ihrer Zeit, wirkt der dritte Teil angestaubt. Doch eine uralte Weisheit von Spielentwicklern besagt, dass die Grafik ohnehin im Auge des Betrachters entsteht. Heißt: Ist die Welt eines Spiels für den Spieler in sich authentisch, übersieht er selbst offensichtliche Begrenzungen.
Und hier leistet Bioware ganze Arbeit. In Sachen Optik fokussiert sich das Studio auf die Figuren. Die detailreich gezeichneten Darsteller, haben eine überzeugende Mimik und bewegen sich elegant. Und das müssen Sie auch. Denn wie kein zweites Spiel versteht es Bioware seine Protagonisten in Szene zusetzen. Für die Dialogabschnitte, in denen die Handlung vorangetrieben wird, hat Bioware eine eigene Abteilung gegründet, die sich ausschließlich um das "Cinematic Design" kümmert: die filmreife Komposition von Dialogszenen mit Sprache, Musik und Kameratechnik. Die Regietruppe spielt auf dem gleichen Niveau mit Perspektiven, Unschärfen, Kamerafahrten, Licht sowie Musik und Soundeffekten wie manch hochwertige TV- oder Kinoproduktion. Die erstklassigen Synchronsprecher hauchen den Figuren Gefühl ein und den meisten Dialogen ist anzumerken, dass sie aus der Feder eines Drehbuchautoren kommen.
Irgendwie zwischen den Welten und eine Klasse für sich
Die Stärke der Geschichte, die Kunst des interaktiven Erzählens und die filmreife Inszenierung machen aus "Mass Effect 3" eine Klasse für sich. Es ist kein richtiges Rollenspiel, kein waschechtes Actionspiel und nicht ausschließlich Kino. Vielleicht ist das Bioware selbst aufgefallen. Beim Spielstart kann der Spieler festlegen, wie er denn "Mass Effect 3" erleben möchte: als Rollenspiel, als Actionshooter oder rein auf die Story fixiert. Je nach Modus werden dann nicht mehr benötigten Spielelemente reduziert. Wer sich unkompliziert durch die Geschichte "ballern" möchte kann das tun. Die Kämpfe gehen leicht von der Hand, jedoch bereits auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad übersteht sie nur ein vorsichtiger Shepard, der jede Deckung nutzt und die Talente seiner beiden Teamkollegen einzusetzen weiß.
So oder so. Auf jeden Fall sind es rund 30 Stunden allerbeste Unterhaltung für Sience-Fiction-Freunde. Zwar muss man die ersten beiden Teile nicht gespielt haben, um der Handlung zu folgen. Doch die volle Packung an Mitfiebern, Mitlachen und Spuke wegblieben, gibt es erst nach dem Genuss aller drei Teile von "Mass Effect". | | |
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